Studieren im Homeoffice – Vorteile nutzen, Nachteile abwenden
Zuhause zu lernen war schon immer ein fundamentaler Bestandteil eines jeden Studiums. Dann kam Corona – nun ist es der einzige. Nur noch von der eigenen Wohnung aus zu studieren, war für die Meisten eine drastische Umstellung, die mit offensichtlichen Nachteilen einhergeht: Keine klare Struktur des Tages & Semesters, Motivationsverlust, Schlecht aufbereiteter Online-Input und soziale Isolation. In diesem Artikel schauen wir uns die scheinbaren Nachteile des gefühlten Fernstudiums einmal genauer an und werden sehen, dass sich die neuen Umstände durchaus auch vorteilhaft auf die Leistung im Studium auswirken können.
Prokrastination? Nicht mit einem tieferen Sinn
Wie schafft man es, sich ohne feste Vorgaben jeden Tag aufs Neue aufzuraffen produktiv zu sein? Vor Allem, wenn in den eigenen vier Wänden so viele spannende Prokrastinationsmöglichkeiten lauern. Zu aller erst solltet ihr euch vergegenwärtigen, warum ihr die anstehende Prüfung (und evtl. das damit verbundene Studium) erfolgreich meistern wollt. Wenig wirkt so motivierend, wie einen tieferen Sinn hinter seinem Handeln zu wissen. (Wenn euch dieses Prinzip interessiert, empfehle ich den Ted-Talk „Start with Why“ von Simon Sinek). Ganz gleich ob ihr euch von eurem Abschluss Freiheit, Wohlstand oder eine spannende Karriere erhofft, findet eure persönliche Antriebsgründe, schreibt sie auf und positioniert den Zettel so, dass ihr immer wieder daran erinnert werdet.
Arbeitspakete bilden für effizientes Lernen
Der Stoff eines Semesters nimmt schnell überwältigende Ausmaße an. Sammelt daher alle Aufgaben, die im Semester/ in der Klausurphase noch zu erledigen sind und teilt diese in machbare Portionen auf. Einzelne Vorlesungen oder Buchkapitel können beispielsweise noch weiter in die Phasen des erstmaligen Lesens/Hörens, des Verstehens, des Zusammenfassens und des Auswendiglernens unterteilt werden. Pro Arbeitstag sollten maximal drei Aufgaben eingeplant werden. Bei der Auswahl und Priorisierung der Aufgaben hilft die Eisenhower-Matrix.
Willensstärke funktioniert ähnlich wie ein Muskel, der im Laufe des Tages ermüdet. Beginnt darum stets mit der wichtigsten oder schwierigsten Aufgabe. Einfache oder spaßige Aufgaben können auch im körperlichen Mittagstief erledigt werden, wo die Motivation am geringsten ist. Das Prinzip funktioniert auch beim Schreiben von Haus- oder Abschlussarbeiten. Macht euch an die Struktur und Recherche zu Beginn des Tages und schreibt später die Gedanken auf. Am Ende kann vielleicht nochmal ein Lektorat helfen. Genau wie einen Muskel kann Willensstärke übrigens auch trainiert werden, z.B durch Dopamin-Fasten.
Das Premack-Prinzip: Mit Belohnungen zum Erfolg
Eine gute Möglichkeit sich selbst beim Studium im Homeoffice zu motivieren, ist das Premack-Prinzip. Dabei belohnt man sich selbst für eine unliebsame Tätigkeit (z.B. Lernen) mit einer Freude bringenden Freizeitaktivität. Beispielsweise wird eine Stunde konzentriertes Lernen durch eine Viertelstunde Netflix; oder eine halbe Stunde lesen mit fünf Minuten Social Media belohnt.
Da es äußerst schwierig ist Ablenkungen zu widerstehen, empfiehlt es sich, präventiv gegen sie vorzugehen. Sucht euch eine ruhige Umgebung zum Lernen, schaltet nicht-notwendige Elektrogeräte (oder zumindest sämtliche Benachrichtigungen) aus, legt das Smartphone in einen anderen Raum und sagt ggf. Mitbewohnern Bescheid, dass ihr ungestört sein möchtet. Wenn ihr euch dennoch immer wieder dabei erwischt, wie eure Gedanken abdriften, solltet ihr vielleicht häufigere Pausen einplanen.
Das Pomodoro-Prizip als effiziente Lerntechnik
100-Prozentige Konzentration kann nur eine Weile lang aufrechterhalten werden, weswegen es sinnvoll ist, Lernsessions nach dem Pomodoro-Prinzip zu strukturieren: Ungefähr 25 Minuten arbeiten, gefolgt von einer kurzen (ca.5 min) Pause – nach drei Durchgängen folgt dann eine längere Pause.
Zusätzlich zum verbesserten Fokus unterstützt das Pomodoro-Prinzip auch die Gedächtnisleistung, da sich Menschen immer am besten an den Anfang und das Ende einer Einheit erinnern. Je mehr Pausen ihr macht, desto mehr distinkte Lerneinheiten gibt es, bei denen dieser Effekt genutzt wird. Ein großer Vorteil des Studierens im Homeoffice ist es, das Pausen produktiv verbracht werden können, zum Beispiel mit Hausarbeiten.
Situatives Lernen nutzen
Aufgrund des „Fernstudiums“ ist man in der Lage, den Arbeitsplatz zu variieren. Dies ist sinnvoll, da Kontexte immer mitgespeichert werden, was jeder weiß, der schon einmal zurück ins Wohnzimmer gelaufen ist, um sich zu erinnern, was er in der Küche wollte. In je mehr Kontexten uns eine Information begegnet, desto besser kann sie abgerufen werden. Eine spannende Lerntechnik ist daher in Klausurphasen mit Karteikarten spazieren zu gehen. Zudem kann es sehr motivierend sein, eine Vorlesung mal im Bett mit Kaffee oder im Garten mit Sonne im Gesicht zu hören.
Bringt Struktur in eure Tage
Ein Problem der freien Zeiteinteilung ist, dass man theoretisch jeden Tag ausschlafen und bis in die späten Abendstunden hinein produktiv sein könnte. Es empfiehlt sich daher auch für das Studium im Homeoffice feste Zeiten für den Beginn und Ende eines Lerntages zu setzten. Im Gegensatz zum Präsenzstudium könnt ihr diese allerdings an euren persönlichen Biorhythmus anpassen.
Anstelle eines Weckers, der den selbst gesetzten Feierabend verkündet, könnt ihr euch auch zu einer festgelegten Uhrzeit von einem Freund anrufen lassen. Soziale Kontakte fungieren nämlich nachweislich als Stresspuffer, wodurch es umso wichtiger wird, sie auch während „Social Distancing“ aufrecht zu erhalten. Dazu bedarf es nur ein wenig Kreativität: Beispielsweise lassen sich Spieleabende oder gemeinsame Workouts auch in Videokonferenzen realisieren.
Vorteile des Studierens im Homeoffice nutzen
Kontakt mit Kommilitonen kann euch darüber hinaus auch beim Studium helfen, indem ihr euch zu gemeinsamen Online-Lernsessions verabredet oder in Chat-Gruppen Fragen und Materialien austauscht. Da auch die Dozenten wenig Erfahrung mit Online-Lehre habe, sind relevante Materialien nämlich oft schlecht aufbereitet oder fehlen gänzlich. Scheut euch also nicht auf eigene Faust im Internet nach Erklärungen, Büchern oder Vorlesungen anderer Professoren zu suchen. Noch ein letzter Fernstudium-Vorteil: Einmalige Live-Vorlesungen können per Screen-Recording ganz simple für wiederholtes Anhören gesichert werden. Das hilft bei der späteren Klausurvorbereitung bestimmt.