Poker – Analytisches Spiel für Fortgeschrittene
Was haben Pokerspiel und Studium gemeinsam? Jede Menge, wenn du es recht bedenkst. Bei beiden geht es darum, das Beste aus den im Kopf vorhandenen Informationen zu machen, in schwierigen Situationen kühlen Kopf zu bewahren und mit Niederlagen genauso umgehen zu lernen wie mit Erfolgen.
Je nachdem, was dir am meisten liegt, kannst du wie Millionen andere Zocker auch Poker zum Abschalten in der Freizeit benutzen oder gezielt bestimmte Fähigkeiten verbessern. Wenn du das in erster Linie auf mathematischem Verständnis und psychologischen Faktoren beruhende Spiel benutzen willst, um deine Kasse aufzubessern, solltest du allerdings von vornherein die Zeit für intensives Studium einkalkulieren.
Anfänger profitieren eher vom Glück
Während in den Anfängen in erster Linie der Glücksfaktor entscheidet, wenn es ums Gewinnen oder Verlieren geht, wendet sich mit zunehmender Erfahrung das Blatt in Richtung Können. Es heißt, dass es wenige Minuten dauert, um die Spielregeln zu können, aber ein Leben, um die Feinheiten zu beherrschen. Allein bei Pokervarianten mit fünf Karten gibt es insgesamt Schwindel erregende 2.598.960 Möglichkeiten. Doch wer weiß, welche Startkombinationen überhaupt erfolgversprechend sind, kann seine Chancen erhöhen. Mit zunehmendem Verständnis lassen sich dann weitere Feinheiten nicht nur erahnen, sondern tatsächlich verstehen, so wie etwa die Bedeutung von 3 Bet Poker bei Texas Hold’em.
Poker ist ein analytisches Spiel, und die erfolgreichsten Zocker sind häufig in Studiengängen wie Mathematik, Wirtschaftswissenschaften und Informatik oder aber auch Psychologie zu finden.
Kenntnisse auf letzterem Gebiet sind dabei auf Dauer für den Erfolg unerlässlich. Die besten Zocker wissen, dass sie in erster Linie die Mitspieler als Person schlagen und es erst in zweiter Linie mit deren Händen aufnehmen müssen. Das Studium der Gegner ist ein Grund, warum es im Gegensatz zu den meisten anderen Spielen ein Vorteil sein kann, von vornherein zu folgen. Die Zwangspause lässt sich viel leichter dazu nutzen, das Gebaren der anderen zu beobachten und vor allem im Online-Spiel jeden Spielzug zu notieren. Die so gewonnenen Daten lassen sich anschließend analysieren. Dabei kannst du längerfristig nicht nur erkennen, wer sich leicht ins Bockshorn jagen lässt und zu schnell aufgibt, wer seine eigene Hand überschätzt, und zum häufigen Bluffen neigt, oder wer sich durch einen Verlust in der Runde davor zu unüberlegten Risiken hinreißen lässt.
Strategien zur Verbesserung des eigenen Spiels
Um es zum gewieften Zocker zu bringen, muss die gleiche Aufmerksamkeit aber auch dem eigenen Spiel zuteilwerden. Wenn du weißt, wo deine eigenen Schwächen liegen, kannst du gezielt daran arbeiten. Das hat unter anderem der erste deutsche Pokerweltmeister gemacht. Pius Heinz, der sich neben seinem Studium der Wirtschaftspsychologie ausgiebig und vor allem strategisch mit Online-Poker und später auch Live-Poker beschäftigt hatte, holte 2011 im Alter von gerade mal 22 Jahren den Titel im Hauptevent bei der World Series of Poker in Las Vegas. Mit dem Bracelet-Gewinn verbunden war ein Topf in Höhe von 8,7 Millionen Dollar – damals waren das umgerechnet rund 6,3 Millionen Euro. Heinz hatte sich dabei so akribisch wie nur möglich auf das größte Turnier in der Pokerwelt vorbereitet. Dazu gehörte unter anderem das Training durch einen FBI-Profiler, der dem jungen Deutschen beibringen sollte, selbst das geringste verräterische Zucken seitens der Kontrahenten zu entdecken und zugleich seine eigene Körpersprache auf stumm zu stellen.
Profiler werden von etlichen der erfolgreichsten Pokerprofis fürs Coaching eingesetzt. Im Online-Spiel kann zwar auf derartige Erkenntnisse verzichtet werden, aber auch am virtuellen Tisch lässt sich das Spielgebaren gewinnbringend studieren und interpretieren. Der über Nacht zum Multimillionär gewordene Pius Heinz hat sein Studium damals nicht mehr beendet. Damit ist er nicht der einzige erfolgreiche Zocker, der mittendrin den Karrierepfad gewechselt hat. Der 36 Jahre alte Amerikaner Justin Bonomo, der es im Laufe seiner Profikarriere auf mehr als 52 Millionen Dollar an Gewinnen gebracht hat, hatte ursprünglich an der Universität von Maryland mit einem Mathematikstudium begonnen. Doch das Pokern nahm in schon bald so sehr in Anspruch, dass er der akademischen Karriere den Abschied gab. Pokerprofi Bryn Kenney, der als ein Vertreter der alten Schule in einer von Studenten geprägten Branche gilt, hatte einen anderen Vorteil, die ihm den Weg zu rund 58 Millionen Dollar Reichtum ebneten. Der Amerikaner besitzt nämlich ein fotografisches Gedächtnis. Wer weiß, welche Kartenkombinationen auf gegnerischer Seite dank Hand- und Gemeinschaftskarten bereits ausgeschlossen werden können, hat zwar nicht alle Trümpfe in der Hand, aber er besitzt wichtige Informationen.
Poker analysieren von und mit Profis
Da Poker nur auf der Anfängerebene als Glücksspiel und nicht als Geschicklichkeitsspiel eingeordnet werden kann, ist das Spiel in akademischen Kreisen sogar zum echten Studienobjekt geworden. Die US-Eliteuni MIT in Boston hat bereits 2015 die ersten Online-Kurse in Sachen Poker für die breite Öffentlichkeit angeboten. Thema des noch immer auf YouTube zu findenden kostenlosen Unterrichts in “Poker Theory and Analytics” ist die Mathematik des Glücksspiels.
Das MIT ist seit Jahrzehnten für seine Verbindung aus Lehre und Zocken berühmt-berüchtigt, Nachdem der amerikanische Mathematik-Professor Edward E. Thorp 1960 mit Hilfe der ersten Rechenhirne sämtliche statistischen Wahrscheinlichkeiten beim Blackjack berechnet und daraus seine auch in Buchform veröffentlichte “Formel des Glücks” entwickelt hatte, war das Interesse zum Leidwesen der Casinobosse gewaltig. Thorp, der seine Theorie mit so großem Erfolg bewiesen hatte, dass er schließlich aus den Casinos verbannt wurde und die Blackjack-Regeln verändert wurden, diente Jahre später als Inspiration für einen MIT-Professor. Dieser trainierte ein Studententeam so erfolgreich im Kartenzählen, dass seine Zocker über viele Jahre hinweg erst in den USA und später auch international kräftig abkassierten. Hollywood hat die Geschichte unter dem Titel “21” erfolgreich auf die Leinwand gebracht.
Vorteile auch für dein eigenes Leben
Doch selbst wenn deine eigenen Ambitionen oder das eigene Können nicht so weit reichen, dass du aus dem Pokern eine Einnahmequelle machen willst, werden dir die hierbei gewonnenen Tugenden für die Zukunft helfen. Pokern erfordert ein hohes Maß an Konzentration und das bewusste Ignorieren von Störungen. Wenn du gelernt hast, dich beim Zocken von nichts und niemandem ablenken zu lassen, kann dir das genauso bei Klausuren und Prüfungen gelingen.
Auch die Selbstanalyse, die du für die Einschätzung und Verbesserung deiner Zockerfähigkeiten brauchst, kannst du genauso gut auf deine akademischen Leistungen und etwaige Achillesfersen anwenden. Geduld ist eine weitere wichtige Tugend, die Pokerspieler beherrschen müssen. Wenn du verinnerlichst, dass sich nicht alles übereilen lässt und manchmal Durststrecken auf dem Weg ans Ziel unvermeidbar sind, hilft das bei vermeintlichen Niederlagen. Psychologie ist ebenfalls nützlich, und wenn es nur darum geht, dich von Dozenten oder anderen Studenten nicht einschüchtern zu lassen.
Und wenn der Alltagsstress sich dennoch zu stark bemerkbar macht, ist Poker eine gute Möglichkeit zum Entspannen, weil das Spiel nicht nur völlige Konzentration auf eine Sache fordert, sondern die Regeln klar und überschaubar sind. Die Realität mag chaotisch und hektisch und unüberschaubar sein. Doch beim Poker ergibt alles einen Sinn, so wie es auch im Studium der Fall sein sollte.