Bachelor-Reform in aktuellen Umfragen erneut unter massiver Kritik
Es ist schon ein Phänomen sondersgleichen, wie ein einst unter dem Namen „Bologna-Prozess“ bekannt gewordener Vorgang, in Zuge dessen ein gemeinsamer europäischer Hochschulraum mit einheitlichen Abschlüssen geschaffen werden sollte, immer wieder in die Kritk gerät – und das nicht nur bei Studenten.
Geplant waren jüngere und bessere Hochschulabsolventen, herausgekommen ist ein Abschluss, mit dem man nach Meinung der meisten Dozenten und Professoren kaum eine Chance auf dem Arbeitsmarkt hat. So glauben 62 % der befragten Hochschullehrer, dass die Bologna-Reform die Qualität der Lehre nicht verbessern werde, sondern eher verschlechtern. Aus diesem Grund sind immerhin 53 % dafür, dass es besser gewesen wäre, die alten Studienmodelle (wie Magister oder Diplom) beizubehalten.
Bei den Studenten sieht es nicht anderst aus und für die meisten ist jetzt schon klar, dass nach dem Bachelor ein weiteres Studium oder ein Master folgen muss. Es ist in meinen Augen erschreckend, dass junge Studenten in ein von der Politik ausgedachtes Reformmodell gezwängt werden, ohnehin dadurch ein bedeutend stressigeres und aufwendigeres Studium betreiben müssen und dann einen Abschluss erhalten, der de facto kaum etwas wert ist. Im Übrigen wird diese Meinung nicht nur von deutschen Studenten vertreten, denn die Umfrage umfasste 31 europäische Länder.
Es bleibt die Frage, warum der Prozess überhaupt in Gang gesetzt wurde, obwohl bereits zu Beginn massive Kritik von allen Seiten geübt wurde. Die Leidtragenden sind mal wieder die Studenten, die jedoch nicht immer stillschweigend zusehen, wie die aktuelle Besetzung des romanischen Seminars in Heidelberg zeigt. Mehr zum Thema in der SZ.
Es verhält sich leider etwas anders: Die Reform macht in einem zusammenwachsenden Europa durchaus Sinn; nur wird sie lieblos umgesetzt, teils, weil das Geld fehlt, und teils auch, weil die Professorenschaft an den Universitäten schlicht nicht bereit ist, etwas mehr Leistungswille an den Tag zu legen und die Planung der neuen Studiengänge sinnvoll zu vollziehen.
Diplom und Magister waren aber durchaus auch international anerkannte Abschlüsse waren teils im Ausland auch sehr gefragt. Es stimmt schon, dass im Zuge der europäischen Integration man auch auf eine einheitliche Bildung setzt, aber so wie es momentan läuft, wäre man halt doch lieber beim alten Modell geblieben.
Stimme dir hierin vollends zu! Aber nochmal: Das Problem liegt nur teilweise an den Finanzen. Weit bedeutender ist, dass sich viele fest im Sattel sitzende, unkündbare Professoren schlicht zu dämlich anstellen, Bologna auch so umzusetzen, wie es gedacht ist. An den Universitäten grassiert die Faulheit und Bequemlichkeit einiger Staatsbeamter, unter denen das ganze System schon seit langer Zeit ächzt und stöhnt. Der Skandal ist weit perfekter als PISA, nur schert sich derzeit noch niemand wirklich darum. Mit Tricks gelingt es vielen, sich um die Prüfungen und um Lehrveranstaltungen zu drücken. Geplant wird garnichts. BA/MA-Studiengänge sind somit heuer nichts anders als umgelabelte alte Studiengänge. Klar, dass ein Magister (nun: Bachelor) in der verkürzten Studienzeit nicht funktionieren kann. Nach liebloser Planung stellt man urplötzlich fest, dass nichts funktioniert und nicht genug Personal da ist – und instrumentalisiert die Studierendenschaft, dafür zu demonstrieren, dass noch mehr Personal eingestellt wird, um die faulen Stümper weiterhin zu entlasten. Wir müssen endlich einmal die Karten auf den Tisch legen. Tatsache ist, dass der Magister eine Schmalspurprüfung ist, die vor allen Dingen mit guten Kontakten bestritten wird und die Prüfungsthemen so stark einschränkt, dass nicht mehr viel von der Materie übrig bleibt. Das etwas anerkanntere Staatsexamen krank hingegen auch an dem Problem, dass die Studieninhalte in der Regel nicht mit der Prüfung zu tun hat und es somit theoretisch jedem frisch gebackenen Abiturienten möglich sein müsste, ein Staatsexamen in einem geisteswissenschaftlichen Fach seiner Wahl zu absolvieren, wenn er sich nur rechtzeitig die nötige Literatur anliest. Dies alles lässt sich optimieren, verschulen, verkürzen, aber solange sich niemand erstlich darum bemüht, erreichen wir natürlich auch keine Verbesserungen und bringen die deutschen Geisteswissenschaften letztendlich auf den Hund.