Macht Studieren dumm?
Macht Studieren dumm?- Das titelte „Die Zeit“ in ihrer letzten Ausgabe und damit hat sie nicht ganz unrecht. Mit „dumm“ beziehe ich mich natürlich nicht auf die gebräuchliche Definition, sondern auf den Rückgang von fachfremdem Engagement oder ehrenamtlicher Beteiligung von Studenten nach der Umstellung auf Bachelor- und Master-Studiengänge.
Ich habe gerade meine Bachelorarbeit abgegeben und bin Ende Juni hoffentlich dann auch ein Bachelor of Science. Außerdem bin ich ehrenamtlich beim Deutschen Roten Kreuz und im Sportverein aktiv und engagiere mich schon länger in der Politik (auch in diversen Vorständen). Somit kann ich ganz gut beurteilen, was es bedeutet außerkurrikulares Engagement mit dem Studium zu kombinieren.
Durch die Verschulung der Stundenpläne hat man bei uns an der Universität Mannheim keine Chance sich seinen eigenen Stundenplan zusammenzustellen und so muss ich jedes Semester ein von der Universität vorgegebenes Pensum erledigen. Gerade in einem Superwahljahr hätte ich natürlich gerne auf 1-2 Kurse verzichtet um mich auf den Wahlkampf konzentrieren zu können und wer als Kandidat bei Europa- oder Kommunalwahl antritt und gleichzeitig im Studium steckt, muss sich wohl bei seinen Klausuren auf schlechtere Noten einstellen.
Jetzt mag man sagen: Du studierest auch Betriebswirtschaftslehre und nicht Politikwissenschaft und daher ist mein Studium wesentlich mehr auf die Karriere fixiert, aber warum studiere ich denn an der Universität? Ich möchte ja auch mal über den Tellerrand hinausblicken können, denn sonst hätte ich ja auch an einer Hochschule oder einer Berufsakademie studieren können. Die Humboldtschen Ideale sollten doch weiterhin an der Universität gelten.
Gerade das politische Interesse der Studenten lässt immer weiter nach und diesen Trend kann ich jeden Tag an der Uni beobachten. In der Geschichte waren gerade die Studenten oft die treibende Kraft in der Politik, die mit neuen Ideen und Konzepten der Stimme der Jugendlichen Kraft verliehen haben. Mittlerweile ist dies der Karrierefixiertheit oder dem Desinteresse gewichen. Inwieweit daran der Bologna Prozess beteiligt ist, kann man schwer abschätzen, aber man hat eben kaum noch die Möglichkeit über den Tellerrand des eigenen Studienfachs hinauszublicken und dementsprechend ergibt sich eine Versteifung auf das eigene Studienfach. Zudem ist der Workload durch den schlechten Umstieg auf Bachelor/Master in vielen Studienfächern gestiegen, da die Professoren den Lehrstoff des Diploms o.ä. ohne Veränderungen nun in dieses Konzept pressen wollen. Dazu kommt nach dem Bachelor noch ein Bewerbungsprozess für die Master-Studiengänge, bei denen man neben dem Studium noch Tests wie den GMAT vorbereiten muss. Da bleibt doch keine Zeit mehr für Verantwortung im Ehrenamt!
Ich will keine Idealisierung des alten Systems, denn auch dort lief viel verkehrt, aber dieser Trendwende sollte man trotzdem Beachtung schenken, denn gerade das Ehrenamt ist eine wichtige Stütze unserer Gesellschaft.
Ich bin auf eure Meinung gespannt.
„…durch den schlechten Umstieg auf Bachelor/Master in vielen Studienfächern gestiegen, da die Professoren den Lehrstoff des Diploms o.ä. ohne Veränderungen nun in dieses Konzept pressen…“
Das kann ich durchaus bestätigen. Auch bei uns an der FH ist der Übergang vom Diplom zum Bachelor nur in der Abschlußart und an den ECTS Punkten zu sehen. Die meisten Professoren behalten den gleichen Stoff bei wie er auch in den letzten Jahren im Diplom gelehrt wurde. Woher ich das weiß? Ich kenn viele Studenten die momentan in den oberen Semestern und bis vor kurzem auf Diplom studiert haben. Auch aus zahlreichen Gesprächen mit Absolventen hat sich dieser Eindruck bestätigt. Auch ich mußte meine Hobbies teilweise aufgeben um den Druck des Bachelorstudiums, vor allem im Grunstudium standhalten zukönnen.
Gruß
Oliver
ich bin ebenfalls ehrenamtlich beim rettungsdienst (in den semesterferien auch vollzeit), bin vorstandsmitglied in der wasserwacht, mache gerade meinen bootsschein, gehe jedes wochenende weg und schaffe mein studium überdurchschnittlich bis jetzt… würde mich aber jetzt nich grad für überintelligent halten… also irgendwas macht ihr falsch oder ich richtig :))
bin ja auch in diversen vorständen + rotes kreuz und sportverein und studiere nebenher mit recht ordentlichen ergebnissen. geht ja um den allgemeinen trend und nicht um einzelbeispiele 🙂
Ich studier ja auf Staatsexamen, aber dennoch mit den Leuten die Bachelor machen in vielen Kursen zusammen und die regen sich alle nur auf und sich eigentlich auch konstant gestresst und unter Leistungsdruck. Ich mein, wenn man in manchen Kursen sogar eine Art mündliche Note vergibt? Viel Raum für andere Aktivitäten bleibt da wirklich nicht, sind nicht alle so stressaffin und erprobt 😉