Bye Bye Frontalunterricht
Wer sich regelmäßig mit den internationalen Hochschul-Rankings befasst, muss in den Ranglisten recht lange suchen bis er auf eine deutsche Universität stößt. So fand sich zum Beispiel in den Rankings für 2008 keine deutsche Uni unter den Top 50 (die Uni Heidelberg war übrigens unser bestplatzierter Vertreter auf Platz 57).
Frontalunterricht abschaffen
Nun stellt sich die Frage, was wir „falsch machen“ in Deutschland. Durch die Einführung von Studiengebühren und der Exzellenzinitiative (wenn ich das Wort „Elite-Uni“ schon höre ;-P) wollte man den Universitäten monetär unter die Arme greifen, da ja den internationalen Top-Universitäten auch wesentlich mehr Geld zu Verfügung steht.
Leider ist Geld kein Allheilmittel und so muss man meiner Meinung nach auch an anderen Stellschrauben drehen um die Lehre an unseren Unis zu verbessern: Was wäre zum Beispiel, wenn man den – uns Deutsche doch so heiligen – Frontalunterricht abschaffen würde und Kurse in Kleingruppen abhalten würde? Was wäre, wenn der Professor nicht nur seine Vorlesung hält, sondern auch mit den Studenten während seinen Ausführungen darüber diskutiert? Was wäre, wenn die Klausur am Ende des Semesters nur noch 30 Prozent der Endnote ausmachen würde und die Studenten während des Semesters auch Case Studies, Präsentationen und Projekte ausfertigen müssten oder sogar für ihre Mitarbeit während der Vorlesungen benotet werden würden?
Das ganze ist natürlich keine realitätsferne Träumerei mehr: Es gibt ja all diese Ansätze schon an einigen Universitäten und die Lernmethodik variiert natürlich auch von Studiengang zu Studiengang, aber wer schon einmal im Ausland studiert hat, wird merken, dass es noch ein weiter Weg ist, bis man am Ziel ist.
Gerade ich als BWL-Student bin mit der Mentalität konfrontiert, dass man während des Semesters alle Freiheiten hat (und ich bin auch ein großer Freund der akademischen Freiheit) und dann 4 Wochen vor der Klausur jede Minute in der Bibliothek verbringt um Massen an Lehrstoff zu verarbeiten oder Modelle auswendig zu lernen. Was mir das effektiv im Berufsleben bringt, weiß ich nicht, da dieses Wissen relativ schnell wieder aus meinem Kurzzeitgedächtnis verschwindet.
Ich will und kann in diesen wenigen Zeilen natürlich keinen perfekten Lösungsweg ausfertigen, aber es sollte ein Umdenken an deutschen Hochschulen stattfinden und auch wir Studenten sollten meiner Meinung nach darüber nachdenken, ob man sich von diesem – auch für Studenten – bequemen Weg verabschieden und sich für neue Wege abseits eines überfüllten Audimax frei machen sollte – mit Studiengebühren (in nachgelagerter Form) übrigens!
Einen Großteil deiner Vorschläge wie zb die Case Studies und die Kleingruppen gibt es an den FH’s, – zumindest an meiner Hochschule. Das hat sicher seine Vorteile, aber manche FH’ler stöhnen über die doch sehr „schulischen“ Methoden, da dadurch die akademische Freiheit zum Teil sehr stark eingeschränkt wird 😉
wenn du es so willst, wird in einer BA auch jede vorlesung in einer kleingruppe gehalten 😉
generell geht es mir um den schnittpunkt zwischen lehre und lernendem und nicht um verschulung…
An sich kein schlechter Gedanke, aber: wie soll man das ganze „logistisch“ bewerkstelligen?
Ich meine, es ist so gesehen schon „einfacher“, den A3 ( Mannheimer Audimax ) für eine VL zu reservieren als für die gleiche Veranstaltung wohl sämtliche Seminarräume im Ostflügel und das dann auch noch über mehrere Blöcke hinweg.
Desweiteren gehe ich einfach mal davon aus, dass viele Professoren diese Art von Lehre gar nicht durchführen möchten, da sie dermaßen in ihrem Schema F drin sind und sie ja eh nur noch ein paar Järchen bis zum Emeritus vor sich haben.
Um nicht nur auf den Professoren herumzuhacken: Welcher „normale“ Student will sowas denn WIRKLICH freiwillig? Anwesenheitspflicht UND mündliche Mitarbeitsnoten vs. „akademischer Freiheit“ und Kaffeeklatsch im Hörsaal? Ich bezweifle, dass so ein Konzept gut ankommen würde, obwohl es an sich begrüßenswert wäre, da man ja durch Externalisierung seines Wissens Fortschritte macht und nicht durch „Lernbulimie“
zur realisierbarkeit: sicherlich geht sowas nur schrittweise und viele unis bemühen sich ja auch in die richtung.
zu den studenten: wer einmal ein semesterende ohne lernstress erlebt hat und einfach ohne diesen druck durch das semester gehen kann, der weiß die vorteile von verteilung des workloads auf das ganze semester zu schätzen.
ich hab ein semester in einem ähnlichen system studiert und fand das schon wesentlich angenehmer und habe auch oftmals mehr mitgenommen als in mannheim, obwohl die qualität der lehre – und auch das niveau – wesentlich besser ist.
ging vielen meiner freunde, die im ausland waren, übrigens genau so 😉
Mir drängt sich da nur die Frage auf, wieso man für solche Erkenntnisse erst ins Ausland gehen muss…
Ein Semesterende ohne Lernstress hab ich auch schon erlebt – und das ganz ohne Auslandsaufenthalt. Man muss einfach während des Semesters schon was machen, dann kann man auch mal nebenbei „über den Tellerrand“ schauen und brauch zum Vorlesungsende hin nicht zum Einsiedler degradieren. Aber das ist wiederum der Nachteil der akademischen Freiheit – wieso freiwillig in der Bib sitzen, wenn Schneckenhof und Co so lukrativ erscheinen und es bis zu den Klausuren ja noch „sooooo lang“ hin ist…
ich gehe eben von mehrheiten aus 😉
Ach und deswegen willst du gleich das System ändern? Weil die „Mehrheiten“ lieber das ganze Semester über nichts tun und sich dann am Ende auch noch darüber beschweren? Sorry, aber das ist meiner Meinung nach die absolut falsche Intension dahinter.
man kann natürlich auch meinen post mit absicht fehl interpretieren und meinen smiley ignorieren, aber nun gut, dann zur erläuterung:
wenn das jetzige system so toll ist und du es mit soviel herzblut verteidigst, dann frage ich dich, warum deutsche universitäten international nicht „visible“ sind. obwohl zB mannheim die mit abstand beste uni für bwl in deutschland ist (seit jahren) kennt selbst in europa kaum jemand die uni mannheim.
nun kann man sich über die relevanz von ranking ergebnissen streiten, aber fakt ist, dass dies die entscheidungen von potentiellen studierenden beeinflusst.
und leider spielen die deutschen universitäten in konzert der großen nunmal keine große rolle. woran liegts? finanzielle mittel? gestaltung des unterrichts oder gar an den menschen?
wenn du mir jetzt erzählen willst, dass die studenten in den usa tendenziell intelligenter sind als die deutschen, dann wäre das zwar eine erklärung, wäre aber auch völliger blödsinn.
es liegt meiner meinung nach an der gestaltung der lehre und wenn du dich jetzt auf randaspekte, die ich oben angesprochen habe (stressfreies semesterende) einschießt, dann geht das – sorry – völlig am thema vorbei 😉